5 Tasks am Lac d\'Annecy
Anja Kroll,
19. June 2005
Die Nordischen Meisterschaften fanden in diesem Jahr am Lac d’Annecy statt. Finnen, Norweger, und Schweden spannen zusammen, um in diesem Wettkampf ihre nationalen Meister zu bestimmen. Nordic Champ“ darf sich nennen, wer von diesen Teilnehmern (plus den Dänen) in der Serienklasse die Eintrittskante vorn hat. Natürlich gibt es auch eine Overall-Wertung, so dass Holländer, Franzosen, Briten, Amerikaner, Chinesen, Polen, Deutsche, ... und eine zweiköpfige Delegation aus der Schweiz an den Start im 120-köpfigen Teilnehmerfeld gehen. Sonntag: race to goal über 55 km. Die Bedingungen sind sportlich, vor allem am Wendepunkt beim Parmelan, wo uns der Wind fast gegen die Klippen drückt. Kleinere Lees nehmen wir zugunsten des kürzeren Weges in Kauf, und so kommen Jörg und ich auch ganz vorne ins Ziel: Platz 11 und 13 an diesem Tag. (So gut sollte es nie wieder werden...) Montag: Eine Kaltfront ist angekündigt, der Tag wird abgesagt. Dienstag: Regen. Mittwoch: Wegen der feuchten Luft und der damit zögernd einsetzenden Thermik entscheiden die Tasksetter, die 50 km Aufgabe als elapsed time race durchzuführen. Die Route führt über den See zum Roc des Boefs und wieder zurück zum Col de la Forclaz. 80% des Feldes werden von einer Abschattung bei der Boje am Col de Leschaux zu Boden gestellt. Jörg und ich gehören zur Mehrheit. Donnerstag: Der Tag beginnt mit schlechten Nachrichten. Eric Rehnfeldt, Organisator dieses Wettkampfs, kämpft beim Briefing mit den Tränen, als er die Schweigeminute für Lena Alfredson ankündigt und auch noch die Nachricht von Norman Lauschs Tod überbringen muss. – Mit gemischten Gefühlen machen wir uns an die Aufgabe, wiederum elapsed time. Die Bedingungen sind nicht optimal. Der Nordostwind verhindert einen Ausflug in den Osten, ein Rundkurs mit drei Seequerungen über 40 km ist gesetzt. Ich starte mit den ersten und kann mich ab der zweiten Seequerung an die Austrittskante von Mads Syndergaard heften. Auf den Tagessieger Erwan Didriche, der mit einem unglaublich schnellen Aircross Ultima 3 fliegt, verliere ich trotzdem 25 Minuten. Auch Marina Olexina ist fünf Minuten schneller als ich, doch dank des frühen Starts bekomme ich viele Departure und Arrival Points und liege im Klassement einige Plätze vor ihr. Freitag: Der Nordostwind ist stärker geworden. Ein kurzes race to goal (Gesamtdistanz 36 km, Speed section 22 km) wird gestartet. Um das Feld vor dem Start möglichst gut zu verteilen, müssen wir zwei Bojen nehmen, ehe das Startfenster geöffnet wird. Beim Start bin ich ganz oben und weit vorne mit dabei. Zunächst fliegen wir wieder über den See zum Roc des Boefs, von da geht es dann weiter über Leschraines ins Tal nach Jarsy. Am Roc kann man geradeaus die Kante hoch fliegen. Keine zehn Schirme sind vor mir. Wir fliegen mit maximaler Höhe zur vorletzen Wende, und hängen dann etwa 10 km vor dem Ziel an einer Ridge an. Mittlerweile hat die Thermik beim Roc einen Zahn zugelegt, und die Verfolgergruppe kann mit 400 m mehr Höhe den Wendepunkt nehmen und direkt zum Endanflug übergehen. Schirm um Schirm fliegt über mir durch, während ich bei der letzten Querung eine schlechte Linie erwische. Ich kann nicht mehr anhängen und stehe 3 km vor dem Ziel am Boden. Rund 70 Piloten kommen ins Ziel. Der Tagessieger benötigt nur 45 Minuten und holt auf seinem Zoom fünf Minuten Vorsprung auf die Konkurrenz heraus. Jörg kommt auch zu kurz, und landet 1 km vor dem Ziel im Rosenbusch. - Die Aufgabe wird zunächst mit 1000 Punkten bewertet, da die Software mit zwei Wendepunkten vor dem Start nicht so recht klar kommt, und deshalb als „ground started race“ evaluiert wird. Wir legen Beschwerde ein, der auch stattgegeben wird, und so sind es zum Glück nur noch knapp 700 Punkte für den Besten. Samstag: Marina ist jetzt nur noch wenige Punkte hinter mir, und eigentlich wäre ich zufrieden, wenn der Tag abgesagt wird. Doch der Nordostwind hat nachgelassen. Da wir am Abend feiern wollen, wird wieder nur eine Aufgabe im Seebecken gesetzt, 49 km race to goal. Heute geben alle unglaublich Gas, und von Anfang an bin ich bei den letzten. Marina hängt mich beim zweiten Wendepunkt auf Nimmerwiedersehen ab. Mit 20 Minuten Verspätung auf sie fliege ich schliesslich ins Ziel. Dem Sieg in der Damenwertung sage ich schon mal „Ade“. Jörg bleibt eine Stunde im Kampf um Höhenmeter am Roc des Boefs stecken, und kommt 40 Sekunden nach der Goal Deadline über die Ziellinie. Die abendlich Siegerehrung ist – wegen der eingangs erwähnten vielen zu vergebenden Titel – entsprechend lang. Dritter Platz in der Damenwertung geht an eine Chinesin. Als der zweite Platz verlesen wird, will ich schon nach vorne gehen, doch aufgerufen wird – Marina. Juhuu! Mit 27 Punkten Vorsprung konnte ich den ersten Platz verteidigen. Klar, wir wären gerne mal weiter von Talloires weggeflogen. Die Organisatoren und die Tasksetter haben jedoch sicheren Aufgaben den Vorzug gegeben. Aus meiner Sicht eine gute Strategie, wenn man bedenkt, dass am Freitagnachmittag, als das Wettkampffeld längst Richtung Jarsy unterwegs war, in Talloires vier Helikoptereinsätze notwendig wurden, und ein Freiflieger an diesem Tag sein Leben verlor. Auszug aus der Overall-Rangliste (Stand 18.6. 19:59) 1. Erwan Didriche, Fra, Aircross Ultima 3, 4008 2. Toma Merigout, Fra, UP Targa 2, 3962 3. Rolf Dale, Nor, UP Targa, 3917 25./1. Anja Kroll, Che, Gin Zoom Race, 2884 27./2. Marina Olexina, Rus, Gin Boomerang IV, 2857 37. Jörg Ewald, Che, UP Targa 2, 2652 P.S. Der Wettkampftross zieht nun weiter nach Morzine an die Pre-EM.