Dritter Tag / Task über 50 km
Jörg Ewald,
11. August 2010
Joël wär ja heute eigentlich bester Schweizer und somit dran mit Berichteschreiben, aber nach der skanalösen Nichterwähnung im gestrigen Bericht und einer sehr grosszügigen Hilfestellung mir gegenüber heute (dazu weiter unten mehr) hat er das an mich delegiert. Im Gegensatz zu gestern war heute viel Wind angesagt, aus westlicher Richtung, drum ging die Aufgabe nahezu direkt nach Osten zum gleichen Goal wie gestern, an der Grenze zu Spanien. Einzig ein etwas stark leeanfälliges Gebiet wurde mittels einer 5 km-Boje (der aktuelle Trend im Weltcup, zur Förderung von mehr taktischen Entscheidungen) umflogen. Die schnellsten rasten die knapp 50 km in weniger als einer Stunde ab - sagt etwas aus über die Rückenwindunterstützung. Gleich beim Luftstart teilte sich das Feld in zwei Gruppen, die einen flogen Richtung Norden einer Krete entlang, über der sich eine nette Wolke gebildete hatte - die sich dann aber leider als Rauchwolke von einem der vielen Feuer hier entpuppte und kaum Steigen produzierte. Die andere Gruppe, angeführt von drei Lokalmatadoren, stach direkt Richtung Ziel, mit dem Plan, die "Umwegboje" am Südrand zu streifen. Ich war da ganz vorne mit dabei, Mario kam dann auch noch hinterher, die andern Schweizer wählten die Rauchwolke. Die drei Vorflieger sind diese Strecke vermutlich schon sehr oft geflogen, zielsicher steuerten sie von einer super tragenden Linie zur nächsten, drehten unterwegs kaum einmal auf und liessen uns alle, die wir dem nicht so sehr trauten, früher oder später stehen. Bei mir war's etwa 20 km vor dem Ziel so weit, ich dreht in einer lahmen Thermik und musste mich vom nachfliegenden Hauptfeld einholen lassen. Zusammen liessen wir uns weiter Richtung Ziel treiben, aber irgendwie stieg's einfach nirgends mehr so richtig. 10 km vor dem Ziel ging's plötzlich links und rechts von uns hoch, nach kurzem Entscheidungs-Zick-Zack zog ich nach rechts, Joël nach links. Von meiner Gruppe schaffte es kaum jemand ins Ziel, Joël, als einziger Schweizer, und seine Gruppe schon. Petsch kam etwas hinterher, da war auch links nichts mehr zu finden, er stand rund 4 km vor dem Ziel am Boden. Stefan hatte bereits ein gutes Stück vorher dem auffrischenden Wind nichts mehr entgegenzusetzen, Regula und Mario kamen auch etwa bis 10 km vors Ziel. Ich konnte mich da immer noch knapp halten, flog Freesbee-Style übers flache Land und auf einen Taleinschnitt zu, die letzte Hürde vorm Goal. Der Wind drückte ständig von hinten, also geht's doch sicher auf der andern Einschnittseite hoch, da war's auch gestern noch - völlig unnötig bei der damaligen Höhe - super gestiegen. Heute, unterm Rand, war's aber eher ungemütlich, gestiegen wär's vermutlich schon, aber so lange konnte ich meinen Schirm nicht aufbehalten. Nach der vierten Attacke innerhalb weniger Sekunden war das rechte Flügeldrittel hübsch in die Leinen eingewoben und das Karussel nahm Fahrt auf Richtung Boden. Notschirm raus, der Beamer knallte auf und setzte mich nach einigen Sekunden verhältnismässig sanft zwischen einigen Felsbrocken in ein paar Büsche. Danke High Adventure! Mit Hilfe zweier Piloten, die das aus der Luft beobachtet und in meiner Nähe gelandet waren (Danke Luciano und Aaron!) konnte ich die beiden Schirme aus den Bäumen und Büschen befreien und mal notdürftig im Rücksack verpacken. Drei Stunden später drang dann das Rückholfahrzeug endlich auch zu uns durch - als allerletzte wurden wir aufgelesen, da praktisch das ganze Feld, über 20 km verteilt, zum nahezu gleichen Zeitpunkt gelandet war, nur halt näher an der Hauptstrasse als wir. Im HQ dann eben Joëls Hilfestellung: Ein kleines Loch im R10 geflickt, den Notschirm neu gefaltet und mir das Auto ausgeliehen, damit ich dem Rest des Teams hinterherfahren konnte. Toller Service, vielen Dank Joël und adamair.ch! Dann endlich zum Camping: kurz duschen, hinhocken, Pasta à la Petsch und Fruchtsalat à la Stefan und ein sehr detailliertes Debriefing des heutigen Tages. Danke Swiss Team! Morgen soll's noch mehr Wind haben, wir fahren drum schon mal etwas später hoch. Übrigens, wer Zeit und eine schnelle Internetverbindung hat: Uns kann man jetzt beim Fliegen zuschauen, via Livetracking unter www.livetrack24.com. Nachtrag: Tschuldigung, der Internetanschluss im Camping streikte gestern Abend, drum kommt der Bericht leider mit etwas Verspätung.