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Martin Tanner: 143 km - Flug vom Niederhorn (Interlaken)

Unknown User 13. May 2001 CCC
Nachdem mir die starke Bise in den beiden Tagen zuvor einen dicken Strich durch meine grossen Jura-Streckenflugpläne gemacht hatte, wollte ich am vergangenen Sonntag mein Glück vom Niederhorn aus probieren.
Um 9Uhr erwache ich in meinem Opel Omega und sehe schon das erste mini Cumuli über dem Niesen. Ein paar Sekunden später streckt auch schon Lüku Oertli seinen verschlafenen Strubelkopf aus seinem Passat und teilt mir mit, er habe in einer halben abgemacht. Also, nichts wie los zum Aperto (Gipfeli & Zwischenverpflegung Einkaufen) und weiter zu unserem Flatlanders-Treffpunkt. Als wir dort wieder einmal zu spät ankommen, haben die meisten Clubkollegen schon eingecheckt. Alle Fahrzeuge sind vollgestopft mit motivierten Piloten und so geht die Fahrt weiter zur Beatenbucht.
Das erwartet Schlangenstehen bleibt glücklicherweise für einmal aus und während der Fahrt nach Beatenberg beobachte ich gespannt die Wolkenentwicklung. Die Basis ist noch etwas tief, vermutlich wird sie aber in den frühen Nachmittagsstunden rasch ansteigen....hoffentlich! Während Gregi versucht, bei unseren beiden äusserst attraktiven Mitfahrerinnen Werbung für den Gleitschirmsport zu machen......, bereite mich mental auf die kommenden Flugstunden vor.
Um 11.30 Uhr bin ich nach einer hektischen Startvorbereitung endlich in der Luft.
Der Einstieg am Augstmatthorn misslingt völlig und mir bleibt deshalb nichts anderes übrig, als zurück zur Lombachalp zu fliegen, um dort wieder sichere Höhe zu tanken. Während ich tief unten am kratzen bin, drehen Lüku und der Stivanello gemütlich hoch über mir auf und ziehen davon. Nach langen Minuten kann ich die Verfolgung nach den Beiden aber wieder aufnehmen. Am ganzen Brienzer-Grat habe ich grosse Mühe meinen Rhythmus zu finden und bin immer wieder am knorzen. Dazu kommt noch, dass ich ständig aus der Thermik falle - für mich eine eher ungewohnte Tatsache.
Beim Melchtal treffe ich dann endlich wieder auf Lüku. Leider muss ich ihn wenige Minuten später schon wieder stehen lassen, versteckt hinter einer Wolke kann ich 300m mehr Höhe machen als er und darf so die Querung an den Haldigrat mit etwas grösseren Reserven angehen. Am Haldi erwische ich den Schlauch erst nach längerem Nullschiebern, zur gleichen Zeit verliert Lüku unter mir im Schatten konstant an Höhe. Für ihn, sowie für noch ein paar andere Flatlanderkollegen wird hier der heutige Flug zu Ende gehen. Schade! Manchmal fehlt halt einfach ganz, ganz wenig um weiterzukommen.
Auch am Brisen versetzt mich die Basishöhe nicht ins Jubeln. Am Oberbauenstock noch einmal die selbe Höhe von 2700. Bei meinen letzten Flügen hatte ich hier immer komfortable 3100....Während dem ruhigen Gleiten beobachte ich unter mir die Surfer (so gerne würde ich jetzt gerade mit dem Kite übers Wasser flitzen..!) und merke gar nicht, dass mein Höhenverlust nur sehr minim ist. Der Einstieg am Fronalpstock ist gratis und in zügigem Tempo schiesse ich zur Basis hoch. In meiner Übermut verzichte ich heute auf den sehr kleinen aber sicheren Umweg durchs Riemenstaldental und peile direkt den Hoch-Ybrig an. Bei Muotathal erwache ich tief unten (1100) aus meinen Träumen!
Doch die Muotataler Geister meinen es gut mit mir und schenken mir, mittlerweilen scheinbar aussichtslos im stabilen Talwind gefangen , einen schönen 2 Meter Pfupf. Ist noch einmal gut gegangen!
Die nächsten 20km sind ziemlich abgeschattet und bei einer Basis von 2400 keine einfache Aufgabe für mich. Recht harzig kämpfe ich mich mit meinem Gin Boomerang von Graben zu Graben und bin beim erblicken der Linthebene sehr erleichtert.
Beim langen Gleitflug an den Federi stärke ich mich mit Tee und Müsliriegel. Vor mir am Hüsliberg wimmelt es nur so an Schirmen. Weit weg vom Hang schiesst ein blauer Gin Bandit in die Höhe und zeigt mir wo ich hinfliegen muss. Gemeinsam machen wir schnell Höhe im schönsten Schlauch des Tages. An dieser Stelle sei meiner Kollegin Maja Walther noch einmal gedankt - \"Du darfst mir noch mehr so schöne Schläuche markieren.......Merci Maja !!!!\"
Das Thermik-Top fällt aber wiederum eher bescheiden aus. Mit etwa 2100 geht’s hinein ins Lee. An der Durschlegi suche ich lange ohne einen Meter zu gewinnen. Dafür steigt weit draussen über dem Walensee ein roter Schirm gemütlich höher und höher - richtig unfair!
Beim Leistchamm markieren mir zahlreiche Segelflieger, dass es hier hinaufgehen muss. Beim letzten Mal knallte es mich hier mit 6m/s unter die Wolke, heute verzweifle ich fast in den 1m Lüpfern. Immerhin erreiche ich hier wieder die 2600 Marke und freue mich darauf, wieder etwas mehr Gas geben zu können. Ein paar Minuten lang geht das gut, doch dann erwische ich von Norden her einen Spühlgang. Verflucht-verdammt, heute will es einfach nicht so wie ich es gerne hätte! Unmotiviert gleite ich in Richtung Walenstadt und plane eigentlich schon die Landung, als mich weit draussen sanftes Steigen wieder etwas Hoffnung schenkt. Nach einer halben Ewigkeit klebe ich wieder an der Basis. Meine Höhe von 2400 und eine riesige schwarze Wolke über dem Falknis veranlassen mich zum Entschluss, ins Rheintal auszugleiten. Ich will meine Höhe optimal in Distanz umsetzen und habe wenig Hoffnung, die schwierige Querung bei Sargans zu schaffen. Vielleicht ein Fehler - ich weiss es nicht!?
Nach 143km berühre ich etwas ausserhalb Schaan (FL) wieder den festen Boden.
Es ist 17Uhr38 und es nervt mich ein wenig, schon am Boden zu stehen. Vielleicht hätte es irgendwo noch ein winziges Steigen gegeben.............. Trotzdem bin ich überzeugt, das Beste aus dem heutigen Tag gemacht zu haben. Ein paar Kilometer mehr oder weniger - was solls!? Was zählt ist das Erlebnis und das war heute wieder einmal absolut Top! 9 Monate sind es her seit meinem letzten weiteren Streckenflug. Für mich eine unendlich lange Zeit!

SEE YOU IN THE AIR!

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