SHV/FSVL
Menu

Competition News

Kommentar & Future-PWC-Format

Martin Scheel 14. September 2009 Super Final, Poggio Bustone, Italy
Vorneweg: - Folgender Kommentar ist nicht die offizielle Meinung der Swiss League. Ich versuche nur eine persönliche Analyse zu machen. - Die nachfolgende Beschreibung des Future PWC Format ist ebenfalls durch meine Inputs und Visionen geprägt und nicht die offizielle PWC-Kommissions-Meinung. - Ebenso verhält es sich mit meinen Visionen zum Gleitschirm Kommentar zum PWC Superfinal Der PWC wurde dieses Jahr zum ersten Mal im „neuen Modus“ durchgeführt. Zuerst aber ein sehr kurzer Abriss der PWC-Geschichte: Urs Dubach hat hals Hauptiniziant 1993 den Gleitschirmweltcup in der Form eines Schweizer Clubs ins Leben gerufen. Es war ein echter Cup mit anfänglich 7, später 5 Anlässen pro Jahr. Geflogen wurde nach Rangpunkte: Eine extrem steile Punkteverteilung gab nur den ersten 20 Piloten jedes Durchgangs Punkte. Schon nach dem ersten Jahr erachtete man den Endanflug, bei dem es sozusagen nur um die vordersten Positionen ging als zu gefährlich - was es auch war, weil um jeden Preis „der Andere“ noch überholt werden musste. Als erster Schritt wurde die Formel abgeflacht und die Punkteverteilung auf die Top 50 erweitert. In einem zweiten Schritt wurde eine normale Distanz-Zeit-Formel eingeführt. Diese war entwickelt und getestet von der Schweizer Liga (von Wäny, Hauser, Scheel und weiteren), und war lange bekannt dann als „PWC-Formel“. Als der damalige „General Secretary“ seinen (anstrengenden) Job niederlegte, wurde der schweizer Club in einen französischen transferiert. Die Grundzüge sind aber immer noch nach schweizer Clubmodell mit einem Präsident, Vorstand (Commission) und dem Secretary. An der GV (General Assembly) wird alles Wichtige entschieden. Auch die Grundidee des „Cups“ war bis 2008 immer noch basierend auf den Ideen Dubachs: Einige Wettkämpfe, über den Globus verteilt, die einzelnen Durchgänge ergeben die Endrangliste und die Formel, zusammen mit vielen Streichresultaten garantieren für schnelles und cooles Fliegen. Ein guter und harmonischer Gegensatz zu den FAI-Welt- und Europameisterschaften, an denen zwei Wochen lang jeder Task zählt. Der PWC-Gesamtsieg war aus sportlicher Sicht garantiert der am schwierigsten zu erkämpfende Titel der Streckenflugwettkämpfe. Die Gleitschirmwelt verändert sich aber. Einerseits ist in Asien eine immer grössere Gleitschirmgemeinschaft erwacht, was sich aber in der Menge der asiatischen PWC nicht niederschlug (wahrscheinlich vor allem, weil die asiatischen Fluggebiete für das Streckenfliegen oft nicht ganz so gut sind wie in Europa und Brasilien). Andererseits sind die Piloten nicht mehr so idealistisch wie zu Anfangszeiten und die Reiserei zu den Cups auf der Welt stiess auf zunehmende Kritik. So wurde seit einigen Jahren um einen „neuen Modus“ herumdiskutiert, der nun 2009 eingeführt wurde. Der neue Modus umfasst viele PWC-Anlässe (dieses Jahr waren es je einer in Brasilien und Korea und drei in Europa, wobei die Türkei zu Europa gezählt wird) und ein Superfinale. Selektioniert zum Superfinale wurden die besten 15 Piloten und 3 Pilotinnen der einzelnen Anlässe (unabhängig vom Pilotenfeld). Zudem wurden die alten „Heroes“ eingeladen. Frei bleibende Plätze wurden im bewährten Buchstabensystem vergeben (bei dem grosse Bewerbe und alle League und Landesmeisterschaften bewertet werden). Dieser neue Modus hat einige Vorteile zu bieten:
  • gute Piloten können sich an einem Anlass ihrer Wahl qualifizieren (so reiste dann auch gleich eine ganze Schweizer Equippe nach Brasilien – in einer Jahreszeit, wos zu Hause keine Tandemflüge zu machen gibt)
  • diese (aber nur diese) Reisen weniger
  • stark Berufstätige, Mütter und Väter können dank dem geringeren Zeitaufwand von minimal 3 Wochen eher mitfliegen
  • in Asien können mehrere Weltcups organisiert werden, womit der dort zunehmend grösseren Anzahl Gleitschirmflieger gerecht werden könnte
Leider sind aber auch die Nachteile vorhanden:
  • die einzelnen PWC-Anlässe haben nicht mehr das alte Pilotenniveau und sind deshalb: - einen geringeren sportlichen Wert - schwierig miteinander zu vergleichen - kaum in den Medien zu platzieren (weil nur ein kleiner Teil der Konkurrenz anwesend ist)
  • das Superfinale ist ein einzelner Anlass mit entsprechenden Nachteilen: - eine schlechte Organisation wirkt sich verheerend aus - Wetter (man erinnere sich: EM Norwegen und WM Österreich waren ungültig)
  • die Sieger haben ihr Können nur in einer Region unter Beweis gestellt
  • das (mediale) Gewicht einer Weltmeisterschaft dürfte kaum je erreicht werden
Organisatoren und Piloten des Superfinals in Poggio Bustone haben gemeinsam unter den Nachteilen des neuen Modus gelitten:
  • die Organisation war mässig: - es fehlte an vernünftigen Internetzugängen - zu Beginn wurde wegen dem Fehlentscheid „Aquila“ ein Task verpasst - die Transporte haben nicht reibungslos geklappt (teilweise auch wegen den Piloten selbst, die nicht zur vorgeschriebenen Zeit erschienen) - gemäss Xavier hats zudem an jedem Eck an Kleinigkeiten gehapert
  • wegen dem Wetter hält sich der sportliche Wert im Rahmen: - nur vier gültige Task - ein gestoppter Task hat viel zu viel Gewicht bekommen: 46 ! Piloten mit über 940 Punkten - der Task in Norma war zu einfach
  • Da im Superfinal die Resultate der Saison nicht mitgenommen werden, sind die Piloten, die die Saison hindurch Top geflogen sind, in den Schatten gestellt worden. Zu erwähnen insbesondere Jassen Savov und Stef Wyss.
Kurz: Dem Erwartungsdruck konnte nicht standgehalten werden. Zusammen mit dem oft schlechten Wetter und weiteren Faktoren kam massive Kritik an der Organisation auf. Ich denke aber, dass der Anlass einem „normalen“ PWC vollauf genüge geleistet hätte. Zudem sind mehr oder weniger auf ein Mal gleich zwei neue Generationen Schirme aufgetaucht:
  • ein dutzend Gin-Protos, die schon rund eine Gleitzahl besser fliegen als die besten Schirme der letzten Monate
  • zwei Ozone-Protos, die nochmals in etwa eine Gleitzahl besser fliegen
(das Mass „Gleitzahl“ hier nur zur Veranschaulichung – im Wettkampf geht es ja um’s „Mitnehmen“, um die Polare, um die Geschwindigkeit u.v.m.) Aber: Es kam auch massive Kritik am neuen PWC-Format auf. Mehr als die Hälfte wünscht sich eine Umkehr zu einem veränderten „alten“ Format. Nach vielen, vielen ... vielen stundenlangen Diskussionen wurde ein mögliches „Future-PWC-Format“ definiert. Future-PWC-Format Weltcups (PWC)Es gibt weiterhin viele PWC’s. Im Optimalfall hat es 3 Anlässe pro ‚Tour’ (inkl ‚Final’), dies ist aber nicht zwingend.<h3>Tours</h3>Diese einzelnen PWC werden in drei ‚Tours’ zusammengefasst. Zur Zeit sind dies Asien (inkl. Australien), Europa (inkl. Afrika) und ganz Amerika.PWC-FinalsDas heutige Superfinal wird auf die drei „letzten“ Anlässe der ‚Tours’ verteilt. Es gibt dann drei ‚PWC-Finals’. Allenfalls können diese einen Tag länger sein als die normalen PWC’s.SuperfinalDer letzte der drei ‚PWC-Finals’ ist das ‚Superfinal’. Dieser unterscheidet sich aber nur vom medialen Gewicht von den andern beiden Finals. Läufe, Streichresultate und Formel
  • Bei den ‚PWC-Finals’ wie auch bei den ‚Tours’: Es zählt wieder jeder Durchgang mit Streichresultaten (2 von 3).
  • An den einzelnen ‚PWC’ sind Streichresultate weniger wichtig als 09, da die meisten guten Piloten über das Buchstaben-System selektioniert sind.
    • Für Streicher spricht: Gleicher Flugstil kann geflogen werden wie für den Gesamtsieg.
    • Gegen Streicher spricht: Komplizierter zu verstehen.
  • Die Formel wird von Grund auf erneuert. In erster Linie soll die Gesamtpunktzahl eines Durchgangs immer die selbe sein, damit schlechte Durchgänge nicht übergewichtet werden. Dies hat aber mit dem Future-PWC-Format wenig zu tun.
Selektionen
  • 50% der Plätze sind immer für die Piloten aus der „Tour’-Region reserviert
  • Nur noch ca. 8+3 der einzelnen PWC sind direkt zu allen verbleibenden Finals selektioniert (die genaue Anzahl ist vom Pilotenfeld abhängig).
  • Die weiteren Selektionen werden über das alte, bewährte Buchstabensystem gemacht. Dieses kann aus dem alten Konzept (bis 08) weit gehend 1:1 übernommen werden.
Kalender
  • Es wird möglich, dass einzelne ‚PWC’ schon für die nächste Saison zählen
    • zur Selektion an das ‚Final’ der nächstjährigen ‚Tour’ (ohne Abwertung)
    • zur Selektion an alle ‚Finals’, allerdings leicht abgewertet. Z.B. sind nur noch ca. 5+1 fix an das Final des nächsten Jahres selektioniert.
  • Über das Buchstabensystem zählen diese späten PWC ja ohnehin für die nächste Saison (für die einzelnen ‚PWC’ und die ‚Finals’).
Ein Beispiel: Im August findet das erste der drei ‚Finals’ in Amerika statt. Gleichzeitig und auch später sind noch zwei PWC’s in Europa angesagt (nicht ‚Finals’). Diese beiden ‚PWC’s’ zählen ganz normal für die Selektion an den ‚Final’ in Europa (September), aber die besten 5+1 sind auch schon fix an alle drei ‚Finals’ des folgenden Jahres selektioniert. Bemerkung: Es wäre auch möglich, die Selektion zu den ‚Finals’ ausschliesslich aus den Buchstaben des Vorjahres zu machen. Dies macht die einzelnen ‚PWC's’ aber weniger attraktiv und greift ebenfalls auf die Resultate des Vorjahres zurück. Vorteile
  • Der Titel des PWC-Siegers ist wieder der sportlich bestmögliche Titel. Der Sieger hat sein Können auf verschiedenen Kontinenten bewiesen.
  • Der Zeitaufwand ist für gute Piloten mit drei Wochen fast der selbe wie beim Format 09 mit Superfinal (ein Selektions-PWC plus zwei Wochen Superfinal). Dies weil sie sich über die Buchstaben (League und Landesmeisterschaften) selektionieren.
  • Die „Tours’ haben einen grossen „Final’ und werden damit aufgewertet.
  • Der Pilot kann in verschiedenen Karriere-Stufen kämpfen: Einzelner Anlass, ‚Tour’, ‚Final’.
Nachteile
  • „Heroes’ werden weiterhin eingeladen, haben aber einen grösseren Aufwand (heute zwei, dann drei Wochen mit mehr Reiserei)
  • Abwertung der einzelnen PWC: - Aufwertend wirkt das „PWC-Final’ der einzelnen „Tour’ - Abwertend wirkt, dass weniger Piloten direkt an die „Finals’ selektioniert werden. Insbesondere an den späteren PWC, weil dann die ersten „Finals’ ev. schon durchgeführt wurden. Diese PWC zählen für das nächste Jahr, aber leicht abgewertet.
Vision „Gleitschirm“ In den letzten Jahren sind immer mehr steife Teile in Hochleistungs-Gleitschirmen verbaut worden. Es hat sich bis anhin um einen Nylon-Draht von rund 1.5mm Durchmesser gehandelt. Dieser bringt sehr viel Steifheit, wenn er eng an die Zellwand eingenäht wird. Die Steifheit wird benötigt, damit das Profil bei Beschleunigung nicht zusammengeschoben wird. Diese Nylon-Drähte sind nun schon über das ganze Profil verbaut und auch dicker, ja sogar vorgeformt geworden. Bei der neuesten Generation der 2-Leiner (nur noch A und B Aufhängepunkt) spannen sie sich in Bogen über die Aufhängepunkte, um das Profil abzustützen. Nun, wie viel dieser halbsteifen Materialien verbaut werden ist eigentlich irrelevant. Tatsache ist, dass wir an die Grenzen des Gleitschirms kommen. Bei der FAI ist dieser mit einem ganz kleinen Satz definiert: „PARAGLIDER: A hang glider with no rigid primary structure“ (darunter würden wohl auch fest aufgepumpte Schläuche fallen). Meine Vision ist ganz klar, dass der Gleitschirm komplett ohne feste oder halbfeste Strukturen auskommen soll. Definiert könnte dies so werden: Alle Einzelteile des Gleitschirms müssen x Mal geknickt werden können ... , ohne dass sie sichtbaren Schaden nehmen. Ausgenommen ist natürlich der Aufhängegurt. Es ist schön, dass es diese Entwicklung gegeben hat (übrigens wurden schon 1991 im Swing-Prisma feste Nylon-Flares verbaut). Es ist nun aber der richtige Zeitpunkt, um zurück zu den Wurzeln zu gehen. PS: Mit der Neu-Definition der „festen“ Struktur ist es nicht getan. Ebenso muss das Aufpumpen durch den Staudruck beschränkt werden. Dies betrifft aber nicht die Vision Gleitschirm, sondern die Sicherheit.

Comments

New Comment