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Tag 7, Task 4

Jörg Ewald 26. January 2020 British Winter Open Roldanillo, Columbia
Auch heute wurden wir von dicken Wolken begrüsst, die Basis war anfangs so tief dass Jocky Sanderson, der Meet Director, sogar für ein paar Sekunden zögerte, bevor er um 11:00 den Startplatz freigab. Ab dann lief für mich eigentlich alles wie am Schnürchen.

Die erste halbe Stunde verbrachte ich etwas abseits, um mich ungestört an die heutigen Bedingungen zu gewöhnen. Dann stiess ich zur grossen Gruppe, die sich gerade teilte, die eine Hälfte versuchte, sich im Flachen zu etablieren, um einen besseren Start zu erwischen. Ich blieb bei der letzten Hügelkette, wo die Thermik immer stärker wurde, und die Basis stetig stieg. Irgendwann gaben die Flachländer auf und kamen tief zurück, kurz darauf ging der Start auf und ich nahm ihn ganz vorne.

Meine Gruppe blieb in den Bergen, am gefürchteten Steinbruch, der heute enorm turbulent und windig war, aber auch super Steigwerte abgab wenn man es denn in die Thermik schaffte, wurde ich ein- und überholt. Draussen im Flachen kämpfte sich ebenfalls eine Gruppe Richtung Süden. Also rasch weiter, Wende nehmen und tief zurück in die turbulente Superthermik, dann zurück nach Roldanillo. Mein Umweg über die höheren Berge, zusammen mit Sebastian Ospina und zwei weiteren, brachte mich wieder zur Führungsgruppe. Die Talquerung nach Zarzal lief super, und gerade als wir über dem Goal ankamen (mit weiteren 60 km vor uns) stach unter uns eine kleine Gruppe so tief darüber hinweg, dass es nach Endanflug aussah. Mit in der Gruppe der bisherige Leader Guy Anderson. Die Gruppe fand keine Thermik mehr und musste landen, wir kämpften uns durch turbulente, aber immer stärkere und höher reichende Schläuche nach Norden.

Um mich herum waren etwa 30 Piloten, mit dabei Christoph und Philipp. Kurz vor der nördlichen Wende wurde ich etwas abgehängt, blieb aber auf der Ideallinie, während die Spitze einen Ausflug in die höheren Berge machte. Direkt bei der Boje wieder ein Schlauch wie auf Bestellung, zurück ins Flache, und wir sind alle wieder zusammen, ich aber jetzt oben drauf. Ab nun kontrolliere ich zusammen mit Xevi Bonnet das Geschehen in komfortabler Lage, fliege meist nur im Halbgas, um die guten Linien zu erspüren, und gehe als dritter in den (vermeintlichen) Endanflug. Zwischen uns und dem Ziel hat's einen grossen Wolkenschatten, viel Sinken, Pal Takats kommt tief und muss nochmals suchen, die anderen ebenfalls, ich bin immer noch ganz vorne und am höchsten, getraue mich aber nicht, die Sonnenfläche hinter dem Schatten anzufliegen, drehe ein schwaches Steigen. Derzeit überholt uns eine Gruppe links, das werden dann die Tagessieger. Endlich bin ich bei 1:8 für ins Ziel, richte mich darauf aus, und kaum bin ich vom Schatten weg, hört mein Vario nicht mehr auf zu piepsen. Wusst ich's doch, dass es dort steigt! Aber jetzt natürlich völlig unnötig, ich komme kaum vorwärts, werde noch von ein paar Piloten überholt, erreiche als 16ter das Ziel.

Kurz hinter mir kommt Christoph rein, der wieder enorm stark geflogen ist und gezeigt hat, wie gut er mit einer Führungsgruppe mithalten kann. Kurz danach dann Philipp, dessen pinker Schirm immer wieder ganz frech vorne weggestochen war. Youri und Alfredo erreichten das Ziel ebenfalls (insgesamt sind heute 79 Piloten im Ziel), Albino wurde leider schon ganz am Anfang abgehängt. Der Tagessieger Sebastian benötige für die 90 km Rennstrecke 2:49:28, was einen Schnitt von fast 32 km/h ergibt. Im Ziel sind wir uns alle einig, dass heute, der beste Tag der Woche war. Die Thermiken waren so stark dass meist neben Vögeln und Gleitschirmen auch viel Zuckerrohr-Stroh durch die Luft wirbelte, im letzten Drittel lag die Basis bei 2700m, fast 2000m über dem Talboden. Herrlich!

Jetzt wird's nochmals richtig spannend, wer es aufs Podium schafft. Tagessieger Sebastian Ospina? Ernesto Hinestroza? Cristian Deacu? Gleich ist die Siegerehrung...

Christoph ist bereits abgereist, die übrigen Schweizer verlassen Kolumbien in den nächsten Stunden und Tagen. Nach 18 Tagen, 14 Flugtagen, 49 Flugstunden und über 1000 Streckenkilometern verstehe ich nun sehr gut, warum Roldanillo so beliebt ist. Ich war sicher nicht zum letzten Mal hier - hasta luego!

Nachtrag: Gewonnen hat der Rumäne Christian Deacu, der mir im letzten Jahr schon verschiedentlich mit seinem sehr angriffigen Flugstil positiv aufgefallen war. Dahinter folgen Sebastian Ospina (GBR) und Ernesto Hinestroza (DE). Bei den Damen demonstriert die Ungarin Adel Honti einmal mehr ihre Stärke, in der Gesamtrangliste liegt sie auf dem 32. Rang.

Die Schweizer:
14. Christoph Dunkel
20. Jörg Ewald
35. Alfredo Studer
36. Philipp Bethge
77. Youri Pitteloud
98. Albino Malli

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